Souvenirs de Kassel
Fundstücke der documenta 12
Die documenta 12 hat das Zeitliche gesegnet. Der nicht zur documenta 12 eingeladene Künstler Peter Kees hat sich nach 100 Tage Kassel auf die Suche nach dem Bleibenden der documenta 12 gemacht. Im Umfeld hat er Antworten auf die Fragen der documenta 12 gefunden. Er forschte nach „der Migration der Form“ und fand Plastiktüten mit Hausschweinen darauf. Er fragte sich, „ob die Moderne unsere Antike sei“ und fand einen alten Perserteppich auf Kassels Straßen, auf der „Suche nach dem bloßen Leben“ sammelte er einen echten Kasseler Tannenzapfen und einen echten Kasseler Pflasterstein. Auf die Frage hin, „was tun?“, kehrte er ein in ein Lokal und wurde reich beschenkt: mit Falschem Hasen und Kasseler Braten, die Bilder einer Speisekarte…Peter Kees war nicht geladen, aber er war dabei, Peter Kees wurde nicht erweckt, aber durch seinen Wecker in Kassel früh geweckt, Peter Kees hat nicht interpretiert, aber er hat gesammelt – Fundstücke eines Ortes, den es in dieser Form nicht mehr geben wird: Garderobenmarken der documenta 12, documenta 12 Bierdeckel, documenta 12 Schilder. Unter seinen Souvenirs finden sich wahre Reliquien der Göttin Kunst, wie zum Beispiel die Arbeitshandschuhe von „Au WeiWei“, ein Granitstein mit Loch, der an Beuys soziale Plastik der 7000 Eichen erinnert, oder die kleinen Giraffen eines Straßenhändlers, die der großen Ausgestopften von Peter Friedl wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Zwar läßt Kees in seiner persönlichen Dokumentation eine Sammlung entstehen, die eine letzte Andacht zu schaffen
vermag, zu der Souvenirjäger vom 25.10. - 7.11.07 in die Galerie artMbassy pilgern können. Peter Kees ist aber nicht nur Sammler oder bloßer Suchender. Er ist ein findender Künstler. Mit seinen Souvenirs de Kassel zeigt er nicht einfach Ready Mades, formuliert nicht lediglich eine Position zum Kunstmarkt, sondern artikuliert vielmehr einen Umgang mit dem Inflationären und Reproduktiven des Kunstphänomens schlechthin.Das Kassler Kulturphänomen documenta verwandelt alle fünf Jahre für 100 Tage das Städtchen Kassel mit einer groß angelegten Ausstellung in das Epizentrum globaler und globalkritischer, historisch-analytischer und zeitgenössischer Kunst. Zum 12. Mal seit ihrer Gründung strömten vom 16.6.-23.9.07 Kulturinteressierte aus aller Herren Länder zum Mekka aller Kunstgläubigen. Alle einte ein Ziel: zu verstehen, was ihr Prophet Roger Bürgel ihnen in der Sprache der Kunst kundtat, um ihr persönliches Erweckungserlebnis zu finden oder um ihn einen Scharlatan zu schelten. Peter Kees stellt das Museum für „100 Tage“ nicht in Frage, sondern antwortet mit Fundstücken in ganz eigener Art.
Was uns außerdem erwartet: Das Kunstwerk, das auf der Documenta 12 fehlte: Peter Kees Polaroid Serie von Lichtern in Kassel, die nach Sir Arthur T. Harris betitelt sind – dem General, der für die nächtlichen Bombenangriffe auf Kassel im zweiten Weltkrieg verantwortlich ist.Die Auktion am 7.11.: Der Meistbietende kann ein letztes Souvenir der documenta 12 ersteigern. Die Predigt, die die documenta 12 verdient: „Pleiten, Pech und Pannen, eine Presseschau von Claudia Wente“ am 7.11. ab 18:30 UhrErgötzen Sie sich an den letzten Resten der großen Kunstschau, die frisch gewürzt, kess munden. Patricia Caspari